IKIGAI – ein Wort, das mir gefällt, ein Wortgeschenk aus Japan. Vom Leben und vom Sinn. Gerade, wenn die großen Geschehnisse so irrsinnig sind, so aus dem Ruder laufen, dann hilft mir der Blick auf die naheliegenden Freuden. Auf das, was mein „Ikigai“ ist.
Das Gold meiner Tage heben. Wenn mich jemand anlächelt und die Augen blitzen, so nebenbei an der Kasse. Die erfrischende Morgenkühle, die Tasse Tee, meine Beschäftigung mit … Ich sammle mal all die Quellen von Lebensfreude. Sie haben Namen. Wie die Schnurrkatzenquelle, die windwilde Herbstlaubtanzquelle, die kreative Verrücktheitsquelle oder die Spinnstubenquelle, an der es immer einen besonderen Kaffee gibt.

Für was stehe ich morgens gerne auf? Wo jubelt mein Herz? Wie war das früher, als Kind, als Jugendliche? Was habe ich kultiviert, was ist ein immer stärkeres Ikigai geworden? Vielleicht ist es im Geheimen gewachsen. Einfach weil ich es immer wieder beachtet habe, geschätzt, gekostet? Dann ist die Kraft aus der Wiederholung gewachsen. Mein Tierfreuden-Ikigai ist zum Beispiel wie ein riesiger Baum, der saftige Früchte trägt.
Weil es so einfach, so naheliegend, so nebenbei sein kann, lässt es uns an die flüchtigen Freuden glauben und spüren, wie stark sie sein können, wie der Gesang der Vögel, die Obstsüße, die Blüten im Frühling, ein Tanz …
In diesen Momenten gibt es keine Selfies, keine Aufzeichnungen, kein Vergleichen. Es hat einen frischen Geist, es sind manchmal Moment-Ekstasen und manchmal ist es eine zeitlose Versunkenheit.

Mir meiner Ikigai-Schätze bewusst sein ist beruhigend. Dann singe ich für mich oder schreibe etwas, das niemand liest, dann tue ich Verschiedenes einfach um ihrer Selbst willen. Viel Ikigai fördert meine Widerstandskraft, genauso wie Hollersaft und Sanddornmarmelade und noch so manches. Und die brauche ich.
Fotos von Jan Rickers in meinem Atelier