Immer wieder tauchen die Fragen auf: Worum geht´s bei dem, was gerade hier auf der Erde passiert, also worum genau oder wirklich, was ist das für ein Gesamtgeschehen und was ist mein Platz darin? In die Fragen hineinlauschen, sie immer wieder befühlen.
Es gibt ein Transformationsgeschehen, manchmal finde ich es verheissungsvoll und tröstlich, dann wieder ist es offen. Es ist der Weg der Raupe zum Schmetterling.
Die Zeit der Raupe ist irgendwann zu Ende. Dann entstehen in ihrem Körper neue Zellen, Imagozellen, die bereits die Vision des Schmetterlings in sich tragen. Erstmal werden sie angegriffen, weil sie fremd sind. Die ersten Imagozellen können sich nicht durchsetzen. Sie werden aber zunehmend stärker, gewandelter und sie beginnen, sich zu verbinden. Die Raupe verliert an Kraft. Norie Huddle, die amerikanische Biologin, die diesen Wandlungsprozess entdeckt und erforscht hat, beschreibt es so: „Die Zellen bilden kleine, autarke Nester, sie infizieren auch Raupenzellen, und siedeln sich an den Stellen im Raupenkörper an, wo sie künftig im Schmetterling eine Funktion wahrnehmen werden. In der letzten Phase vernetzen sich diese einzelnen Nester mit langen Fäden, die den ganzen Raupenkörper durchziehen und schließlich „erkennen“ sich die Zellen als Ganzes und in einem unglaublichen Prozess bildet sich innerhalb des sterbenden Raupenkörpers der bunte, flugfähige, völlig anders als die Raupe geartete Schmetterling.“

Dazu hat Geseke v. Lübke ein interessantes Interview mit dem philippinischen Umweltakivisten Nicanor Perlas gemacht. Der überträgt den Wandlungsprozess der Raupe auf unsere Zeit. „Überall auf der Welt entstehen derzeit Imagozellen, zunächst einzelne Menschen, die sich dann in Gruppen zusammentun und von den verschiedensten persönlichen, politischen, ökonomischen, ökologischen Anliegen getrieben, ein anderes „Dasein“ anstreben. Ihnen ist der „große Plan“ meist nicht bewusst, dass es darum geht, einen großartigen Wandlungsprozess zu initiieren, zu tragen und zu gestalten, der etwas völlig Neues, heute noch Undenkbares, hervorbringen wird.“
Ob das Neue das ist, was ich erhoffe, sei dahingestellt. Und auch, wer und was wirklich Imagozellen sind. Es gibt sicher welche, von denen hätte ich es nie gedacht und andersrum. Nur weil ich gerne eine Imagozelle wäre, heisst das ja nicht, dass ich es auch bin. Wieviele Leben es dauert? Ich glaube viele noch.
Wo wäre unser Platz im Schmetterlingssystem? Welches Potenzial bringen wir mit? Was kräftigt uns, um widerstandsfähig zu bleiben in dem großen Wandlungsprozess? Vernetzung und das Miteinander werden uns helfen. Die kleinen autarken Nester geben Kraft. Beim Wandelprozess der Raupe geschieht es von selbst, alles. Ich will dem großen weisen Geschehen vertrauen, das ich von meinem Platz aus überhaupt nicht überblicken oder erahnen kann.