Im Geisterdorf

Um mich mit dem Land zu verbinden, betanze ich es gerne, erzähle der Erde tanzend, wer ich gerade bin und horche mit den Fußsohlen, was mir das Land an Geschichten schenkt. Ein Tag in Mourulle, einem Geistedorf am Rio Miño, dem heiligen Fluss Galiciens.

Das Dorf wurde vor 50 Jahren für den Miño-Stausee aufgegeben. Umsiedelung, Abschied, viel Zurückgelassenes, Trauer. Geschichten werden mir erzählt über Leute, die hier geboren wurden, gearbeitet haben, geliebt, gelebt. Neugier, was mich hier in Galizien erwartet. Rückschau, verlassene Häuser, neues Grün in den Ruinen. Das Dorf war nicht mehr zu sehen seit der Flutung. Ich tanze durch die leeren Häuser, höre nur die Stille und finde Winde, die erzählen, wie die Jahrzenhnte des Wassers vom Miño all die alten Geschichten fortspülen, sanft mit sich tragen und befrieden. Ein seltsam tiefer Frieden ist hier. Und eine große Schönheit im leisen Vergehen. Vögel und Pflanzen holen sich altes Land zurück. Blumen und Obst für die Geister, ein Lied, ein Tanz.

Was für ein Spiegel. Ich schaue auf gegangene Wege zurück. Ich spiele mit Steinen, horche und tanze mich in alte Zeiten. Dorfwege, die kaum mehr zu sehen sind, Öfen, Friedhof, ein Nachbardorf. Der Miño ist ruhig, hütet manches, was sich hier ereignet hat. Hitze, Farbenspiel von Schwarz, Rot und den Ockertönen des Herbstes. Zeit zu gehen. Ich nehme die Sanftheit des Abschiednehmens mit, die Weisheit des Flusses, der alte Geschichten mit sich nimmt. Platz für Neues, für das helle Grün. Adios, adeus.