A Guarda, Möwenbotschaft und Vendimia


Am Meer, am Ende Europas. So weit westlich, dass es eine Stunde länger hell ist. Der Brandung lauschen und den Schreien der Möwen. Ich sitze auf einem Möwenfelsen, lese Federn auf und nehme die Botschaft der schönen Vögel zu mir. Sie erzählen von den Gezeiten der Gefühle. Die Menschen hier am Meer leben mit den Gezeiten. Während der Zeit auf dem Felsen gebe ich mich dem Pulsieren des Meeres hin. Mich ausdehnen, zurückziehen, in den uralten Rhythmen. Was gebe ich in die Wasser des Lebens, welche Gefühle zu welchen Geschichten? Irgendwann, irgendwo werden sie mir an einem Küstensaum vor die Füße gespült. Meine Wut, meine Freude, meine Traurigkeit, meine Lust zu leben, alles. Es ist Flut und manches sehe ich am Ufer, angespült, Tang, Plastikflaschen, einen Ring, Emotionen.

In der Provinz Pontevedra, bei A Guarda, finde ich einen Ort, der vielleicht etwas mit dem Lockruf zu tun hat, den Monte Tegra mit einer riesigen Keltensiedlung, mit Blick aufs Meer, auf den Miño, nach Portugal. Petroglyphen auf Felsplatten, Spiralen, Kreise, Zeichen. An den riesigen Bäumen lehnen, in den steinernen Rundhäusern sitzen und den Duft der vergangenen Feuer kosten. Es gefällt mir sehr gut hier.

Die Vendimia, mit neunzehn Leuten, in einem steilen Weinberg an den Miñohängen.


Eine kleine Hündin ist immer dabei, Rocca – der Fels. So heißt sie. Sie erinnert mich sehr an Katalina, nur in Hundeform und weiß. „Du bist ein winzig kleiner Fels,“ sage ich ihr. „Fels ist Fels,“ meint sie. Rocca ist so spröde und so zärtlich wie Katalina, manchmal die gleiche Schißhose wie Katalina und ebenso eigen. Sie fühlt sich an wie gefiedert und so zart wie ein Vogel. Sie gefällt mir ziemlich gut. Fotografiert werden mag sie gar nicht und zum Blog will sie keinen Beitrag liefern. Vielleicht ist das noch verhandelbar. Morgen sind wir lange zusammen im Weinberg. Sie wird nicht arbeiten, weil sie eh keinen Wein trinkt, meint sie.