Die Qualität der Jahreszeiten

Die Herbst- und Winterkraft erforschen. Ich finde, dass Herbst, der noch vier Tage dauert, die in unserer Gesellschaft am wenigsten gelebte Jahreszeitenqualität ist. Ich verstehe das erst langsam in einer Tiefenschicht. Schneekatastrophenmeldungen, weil alles scheinbar immer im Sommertempo weitergehen muss. Sondersendungen zum Schnee – wer konnte es ahnen, dass es im Dezember schneit und kalt wird. Winterequipment wird Mangelware – da staunt die Marketingstrategie in mir, wie kann denn sowas passieren, wo doch von jedem Unsinnsteil zig Varianten in unendlicher Zahl produziert werden. Und dann sind die Schneeschaufeln zu Winterbeginn bereits aus?

Ich schaue mit der Katze zum Fenster raus, trance in den Schneeflockentanz, höre dem Knistern des Feuers zu. Langlaufen, die Wintergöttin Skadi erfreuen, im stillen Wald sitzen und die Tierspuren lesen. Zeitdehnung, nähen, Geschichten erzählen. Alles geht langsamer. Herbst und Winter auskosten, erforschen was das macht, wie sich Wirklichkeit dann verändert. Die Medizin von Herbst und Winter will ich verstehen. Ich brauche die Winterkraft, den Rückzug. Sie wird mich durch das Jahr tragen, so wie die Sommergeschichten im Winter die Wärme bringen und die Feuer nähren. Manches, was an Impulsen kommt, gehört ins neue Jahr, es singt sich nur schon her.

Herbst – Erntezeit. So lange all die Eindrücke, Geschichten, das Gesammelte, Geerntete nicht verarbeitet ist, kann sich nicht wirklich was Neues entwickeln. Dann ist es anstrengend, schnell zu viel, gewollt, gemacht, gepusht. Wenn die Ernte verarbeitet ist, dann nährt sie, schmeckt köstlich, ist Medizin, dann kann sie verschenkt werden. Mit Zeit und Aufmerksamkeit die geernteten Hagebutten und Äpfel zu Marmelade machen, Reisebilder, Gelesenes und ein Seminar verbinden und daraus ein Lied weben – es trägt durch den Winter. Und irgendwann, wenn alles verzehrt ist, gegessen, verdaut, wenn die Regale von Eingemachtem, von Geschichten und Bildern leerer werden, wenn Leerraum entsteht, weil vieles verinnerlicht ist, dann wird sich ganz organisch etwas Neues auftun, dann ist die Lust zum Säen da, dann kommen neue Blüten, Früchte, dann beginne ich neu zu sammeln. Dann ist auch der Raum wirklich da für neue Marmeladen, Reisen, Erfahrungen.
Ich widme das kommende Jahr der Ernte und dem Verarbeiten.