Ich biete feil – Waren, Worte, Sonstiges

Was einmal die Bauchläden waren, sind heute die Newsletter. Eigentlich gefällt mir der Bauchladen besser. Er erinnert mich an die Körbe der Kräuterfrauen, die früher im Herbst an unsere Haustüre kamen, um ihre feinen Produkte feilzubieten. Das „Krähweiberl“, wie meine Mutter sie nannte. In schönen Trachten kamen sie und ich fand sie beeindruckend, vor allem eine Alte, die wie ein Hutzelweib aus dem Wald aussah. Ich blieb in respektvollem Abstand hinter dem Rockzipfel meiner Mutter stehen und lugte interessiert vor. Eigentlich hießen sie bei uns in Bayern Krenweiber, von Merrettich, was ich aber nicht verstand. Es hörte sich wie Kräh an, wie das Krächzen der Rabenkrähen, mit denen die Frauen zeitgleich auftauchten. Damals kamen die Rabenkrähen wirklich erst im Herbst. So ändern sich die Zeiten.
Die Rabenkrähen leben jetzt dauerhaft hier und die Kräuterfrauen kommen nicht mehr an die Haustüre. Eine saß noch lange in München am Marienplatz vor einem Kaufhaus, jahrein, jahraus. Sie war in ihrer Tracht und hatte viele in Tüten abgepackte Kräuter. Sie hatte etwas Zeitloses und war doch immer die Alte für mich. Wie die ruhende Mitte, um die unaufhörlich Leben kreist, so saß sie da. Als ob sie schmunzelnd durch alles hindurchschaut, alles durchschaut und sich über nichts mehr wundert.
So eine bin ich noch nicht. Ich glaube, ich nehme mich immer noch zu ernst und meine „Waren“ zu wichtig. Ob es mich nach vorne wirft, wenn ich es mal vor einem Kaufhaus probiere, einfach sitze, schaue, alles auslege und warte?