Die 13

Die Zahl der Närrin ist für mich die 13. Sie gehört, wie die Clownskraft, zum Frühling, zum Neubeginn. Es ist die Neuschöpfungszahl, der Funke Chaos, den es braucht, damit sich etwas Neues gebiert. Wenn der Winter alt geworden ist und die großen Flüsse zugefroren sind, wenn etwas gefroren, starr ist, Strukturen, Ordnungen, dann braucht es die Erneuerungskraft des Frühlings. Die 12, die große Ordnungszahl, erneuert sich durch die 13. Mit der 12 ist etwas ist rund, vollendet, vollständig. Die 12 zeigt sich in sich gerundeten Systemen – 12 Monate, 12 Stunden Tag, 12 Nacht, 12 Tierkreiszeichen … Wenn es an dem Punkt bleibt, erstarrt es oft. Starrsinnige lieben die 12. Nur nicht rütteln am Bestehenden, weil Veränderung Angst macht. Und doch, das Leben ist Veränderung. Nichts ist so beständig wie der Wandel, die Erneuerung.

Ich erkunde das Land der 12. Natürlich, als Starrsinnige finde ich es beruhigend. Das ist wie Urlaub in Niederbayern. In den Kulthöhlen der Ile-de-France gibt es 12er Sterne, 12 speichige Räder. Im Mühlespiel spielen wir in einem Zwölfersystem, mit der 3 und der 4. Die 12, da geht es immer um große geschlossene Ordnungen.

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Und dann kommt sie, die 13. Fee. Ah, jetzt wird es spannend, jetzt wird aufgemischt. Jetzt ist das zu starr Gewordene fällig. Der junge Frühling beendet den zugefrorenen alten Winter. Es ist die Sprengkraft, die Kraft, die alles zerschellen lässt. Jetzt schlägt´s dreizehn! sagt sie, Ende Gelände.
Die 13. Fee gehört zu einer alten Ordnung, die flexibler war, weicher, was sich auch in den 13 Mondmonaten zeigt. Die Maya gehen mit der 13, sie ist in ihrem Kalender eine heilige Zahl, sie bringt Bewegungsimpulse und initiiert die Reise hin zu neuen Entwicklungsräumen. Die 13. Fee hat Sprengkraft, ihre Geschichte erzählt von einer größeren Ordnung. Den Starrsinnigen macht das natürlich Angst. Nur die Mutigen, Weisen, die mit Forschungsgeist, mit Abenteuersinn, mit Tiefenwissen um Wachstum laden sie als Gästin ein. Sie haben dann nicht mit 12 goldenen Tellern gedeckt, sondern mit 13 silbernen. In alten Frauenkulturen hat die 13 eine Heimat.
Die 13 war die erste Zahl, die beim Lotto gezogen worden ist, damals, als Lotto erfunden wurde. Danach war es die Seltenste. Die 13 ist die kleinste Mirpzahl. Das hat mir während meiner Schullaufbahn niemand gesagt. Auch nicht, dass es eine zentrierte Quadratzahl ist. Mit der 13 haben wir uns nie beschäftigt. Man hätte uns von 13-tägigen Zeiteinheiten im präkolumbianischen Mesopotamien berichten können. Das ist versäumt worden. So viel unnötiges Zeug gelernt und die 13 vergessen. Das ist ja fast wie bei Dornröschen.

Immer, wenn ich die 13 ansteuere, weil ich sie passsend finde, kommt die 14, die 12, die 15. Ich verzähle mich, verliere was, aus meiner 13 wird irgendwas. Wenn ich es forciere, kommt sie nicht, entzieht sich. „Weg vom Konzept, die 14 ist deine 13, anders als gedacht, bleib geschmeidig,“ sagt sie.