Corona-Tanz

Als Seefahrerin würde ich die Wellen als kabbelig bezeichnen – die emotionalen, die Aussenwellen, das gesamte Meer, auf dem wir herumschippeln. Viele Bewegtheiten sind rundum. Die Wellen sind unruhig, ungleichmäßig, sich überlagernd, aus unterschiedlichen Richtungen. Die Winde sind böig. Es braucht recht geübte SeefahrerInnen für solche Umstände. Da mir bisher nur der Walchensee mit seinen heissen Fallwinden und der seltsamen Thermik solche Wellen beschert hat, fühle ich mich unsicher und eher weniger geübt.

Deshalb tanze ich, da bin ich etwas sicherer. Das Vertraute und Bewährte im Unterwegssein scheint mir im Moment das Tragende. Neue Techniken greifen nicht wirklich. Ich höre mir seit einiger Zeit den Klang von Corona an, meist in die Nacht hinein, wenn es noch stiller wird.
Leute aus der Forschung haben die Schwingungen der aus Aminosäuren bestehenden Proteine hörbar gemacht und so kann man Corona hören.
Es klingt schön, ein bisschen schräg, wie Trancemusik und auf einmal ist es ganz nah in seiner Schwingung. Ich lasse mich bewegen, tanzen und dabei forscht ein Teil in mir und stellt Fragen. Tanzend werden die unruhigen Wellen ruhiger, anders.

Es ist eh alles so dominiert von Corona, da kann ich dem auch eine Zeit vollständig widmen. Dann gibt es nichts mehr ausser der Schwingung und dem Klang von Corona. Es darf alles erfüllen, vollkommen übernehmen, in aller Radikalität. Es darf sich ausbreiten in mir und mich tanzen, in alle Felder hinein, in die der Angst, in überraschend sanfte Gefilde, in unendlich weit weg Scheinende, in die des Todes, an Schwellen, darüber hinaus, in die mehr-als-menschliche-Welt hinein, in die geheimnsivolle Neutralität von Viren, die nichts persönlich meinen, in sehr alte Zeiten, in geahnte Zeiten von Morgen …

Gedanken tauchen auf, was es machen würde, wenn Menschen in Kliniken, die gerade mit Corona gehen, die Schwingung durch diesen schönen Klang hören würden und damit eine ganz andere Wahrnehmungsebene davon erfahren könnten. Diese Frage beschäftigt mich. Es gäbe so viel zu erkunden und es gäbe so viele unkonventionelle Ansätze und so viele Menschen aus allen Kulturen, denen sicher ganz unglaublich Einfallsreiches zur Verfügung stünde. Ich wünsche mir eine viel verwegenere Forschung, eine viel freiere, kreativere mit den heilenden Künsten, die Einbeziehung der Spiritualität, das Wissen von den weisesten Menschen aller Kulturen in einem großen Rat zusammengetragen. Ich bin mir sicher, wir hätten was zu bieten, Ideen, Forschungsansätze, gute Fragen und vieles mehr.