Über die Grenze gehen

Über die Grenze, Schweiz, mit den Büchern und vielen Zollpapieren. Da kann ich Grenzen gut erkunden, denn es ist kein schnelles Durchfahren, sondern ich muss hin und herlaufen, in die verschiedenen Häuschen und mit den Grenzhütern sprechen.

Da sind alle Sinne wach und ich mache mich in der Situation gerne unsichtbar. Manchmal, indem ich rede, frage, ganz leutselig scheine und manchmal, indem ich versuche, mich wirklich nicht wahrnehmen zu lassen. Ich glaube, ich steuere das hauptsächlich über die Augen und den Atem. An der Grenze konzentriere ich mich stark auf das, was in der Luft liegt. Ausweichen, durch Schleusen gehen, langsamer werden, warten, zügig weitergehen. Ich schalte auf Autopilotin und folge meinem G´spür. Es ist enorm pulsierend, weil es ein Ort ist, der Wachheit fordert auf der ganz alltäglichen Ebene und ausgefahrene Antennen in alle anderen um mich schwingenden Bereiche hinein. Ich folge allen inneren Impulsen, auch wenn sie noch so unlogisch erscheinen. Im Altai sollten wir an Grenzen immer schweigen und uns konzentrieren, weil Grenzen und Pässe Geisterland sind. Da kann schnell was umkippen. Nicht groß auf sich aufmerksam machen, das war immer die Losung und immer etwas für die Geister dabei haben, Essen, weiße Bänder, Arrak. Und manchmal sollten wir Bilder kreieren, die in ganz andere Richtungen führen, um unbehelligt durchzukommen. Grenzen sind keine Orte zum lange Verweilen. Ich atme mich durch die Grenze, durchs Niemandsland und bringe meine Bücher nach Wil. Inmitten der EU beschert uns die Schweiz ja noch richtig gute Grenzerfahrungen, wie in alten Zeiten oder auf größeren Reisen.