Ich gebe meine Stimme frei

Meine Stimme – ich habe sie wiedergefunden. Als Kind war sie noch verbunden mit anderen Welten und sie war frei. Damals habe ich gerne gesungen, tiefe, seltsame Töne von mir gegeben, stundenlang. Dabei habe ich riesige Flächen mit Zeichenteppichen überzogen, mich in Trance gesungen, geschaukelt, den Linien Klänge gegeben und alles knarzend benannt, was ich tue. Bewegung, Klang, Bild – alles war noch miteinander verknüpft. Die Kunst der Kindertage, die von einem heilen Ausdruck erzählt. Was ist dann passiert? Bildungsstätten, vereinbarte Codes erlernen müssen. Intellekt war gefragt, rationaler Zwang. Mein Singen wurde beschämt, Zweifel an meiner Stimme kamen auf und dann die Gewissheit – ich kann es nicht. Es gab immer dieses „im Vergleich zu …“ Und jetzt – erfahre ich mich als Reisende, als Forschende, die sich aufmacht, etwas wiederzuentdecken – neue Impulse in den Ländern der Kunst, freie Räume, zerbröckelnde Formdiktaturen, ganzheitlichen Ausdruck, meine Wahrheit, meinen authentischen Ausdruck im Klang.


Meiner Stimme wieder zu vertrauen, hat damit begonnen, dass ich für einen Stein und eine Katze gesungen habe. Stimme, Klang, Tönen, Summen, Schwingungsmedizin, sie gehören zusammen. Ich experimentiere. Ich gebe meine Stimme frei, eigne mir den Klangraum wieder an, hole mir die Magie meiner Gesänge wieder.

Wenn ich nirgendwo mehr Antworten finde, beginne ich zu tanzen und zu singen. Interessanterweise ist es vor allem das am meisten beschädigte meiner Heilwerkzeuge – die Stimme – die mich am weitesten trägt. Ich besinge meine Wunden, gebe meinen Fragen ein Lied, öffne mir mit den Tönen neue Räume. Und weil ich aus Bayern komme, habe ich mir das Jodeln wieder angeeignet und die schamanischen Gesänge der Alpen gefunden. Kunst hat immer etwas geheilt bei mir, wenn sie sich authentisch und frei ausdrücken darf. Singend erweitere ich meine Spielräume, begleitet von der Shrutibox, klickenden Steinen oder Kochtöpfen. Ich sing das Heiliglied, das Wörterlied – banale, die ich mag und heilige, die ich auch mag ineinandergeflochten.
Dae Shin Halmoni-Limoni-Segen-Regen-sWünsche-Katzengeist-heißt-Marianegra-ooooosofrei-mitEi-Nanaj-spinn-gewinn-pling-kling … ich sing so dahin. Ich kann schön singen und ich kann ganz schaurig singen. Es braucht beides. Mit dem Wind singen und mit dem Staubsauger, für den Nachbarshund oder meine Hausgeister. Ich singe in Suppen hinein, über den Salat drüber, singe mich zu den Sternen und finde manchmal ein Lied im Wald.

Zu Kunst und Schamanismus habe ich einen Artikel in der Connection Schamanismus 5, März 2011, geschrieben.