Heimat2

Heimat – ich will genauer ergründen, was sie ist, was für mich zu meiner Heimat gehört, was diesen seltsamen Begriff ausmacht.

Heimat2 – zum Buch

Heimat2
Heimatgwand mit Schariwari

Heimat lässt sich irgendwie gar nicht richtig definieren. Weil es so individuell ist. Eine Konstruktion ist es auch, ein Orientierungskonzept. Ein Sehnsuchtsraum vielleicht. Ich schwimme im Cocktailglas meiner Heimat herum und ergründe, was da alles für Ingredienzien sind. In meiner Cocktailheimatsuppe fühle ich mich aufgehoben. Das hat sie wohl so an sich.
Meine heimatliche Nahwelt ist weiß-blau, meine heimatliche Fernwelt ist asiatisch. Zentral- und ostasiatisch um genauer zu sein. Das hat gebraucht, bis ich das wusste.
Je beheimateter ich mich fühle, ganz grundsätzlich, umso mehr nimmt die Freude an fremden Heimaten zu, die Lust auf den Austausch mit dem Fremden. Auf den Reisen, wenn wir keine Sprachbrücke finden konnten, dann haben wir gesungen. Viele Menschen wollten Heimatlieder hören von uns und sie haben ihre geschenkt. Weil das so oft vorkam, musste ich meine Heimatlieder finden, weil ich auch Geschenke aus meiner Heimat einbringen wollte. Da war die Frage, welche Lieder und Klänge Heimat für mich hat. Ich sammle Heimatklänge und fange an, die Landschaft zu hören. Ich möchte die Klang-, Duft- und Farbwelt meiner Heimat erforschen.

Das mit der Zeit gehört für mich auch zur Heimat. Das habe ich Joanna Macy zu verdanken. Sie hat mich dazu gebracht, wieder tiefer, gesünder, einsichtiger heimisch zu werden in der Zeit, mich mit ihr wieder anzufreunden. Wenn ich mir die Zeit wieder zu eigen mache, mache ich mir meine Geschichten wieder zu eigen. Heimat wohnt auch in den Geschichten. Wir brauchen eine Geschichte, um uns wieder in die Zeit zu verlieben – „eine Geschichte, die vom gesamten Universum und allen seinen Wesen handelt und sich auf die gesamte Lebensgeschichte des Planeten ausdehnt,“ sagt sie. Da wird Heimat auf einmal groß und weit. Die Universumsbürgerin auf ihrer Erdenheimat, eine Wanderin durch dieses Leben, eine Besucherin auf dieser Erde. Die Verbundenheit mit der Welt, dem Leben g´spürt sich heimatlich an. Nur entwischt mir genau dieser Teil von Heimat immer wieder. Manchmal allerdings kommt eine Ahnung davon auf, wie das sein könnte, wie sich das angspürt. Wenn die Welt, das Leben zur Heimat wird, wenn so viel Heimatkraft in mir ist, dass sie mich überall zu Hause sein lässt, das wäre dann wirklich über´n Tellerrand g´schaut.

Joanna Macy sagt über die Tiefenzeit: „Steine, Tiere und Pflanzen, Wind und Regen werden unsichtbare Gefährtinnen sein, wenn wir wieder heimisch sind in der Zeit. Dann sind wir im Clanbund mit den Flüssen, den Bergen und Sternen, mit denen, die vor uns waren und den Wesen der Zukunft. Wieder heimisch werden in der Zeit – ihr nicht entrinnen wollen oder ihren Fluss anhalten oder sie für unwirklich erklären. Viel lieber möchten wir mit ihr tanzen, uns ihren gewaltigen Wogen durch die Äonen überlassen, mit Ehrfurcht und einer liebevollen Verbindung.“