Pipola ist ein Sommerbrauch, bei dem der Sommer geehrt wird.
In Gruppen stehen Menschen beisammen, drei, fünfzehn, manchmal bis zu sechzig. Sie gehen im Kreis und durchwandern viele Sommer. Sie laufen singend die Wege durch uralte, durch jüngere und kommende Sommer ab. Alle singen gleichzeitig. Sie geben dem, was sie sehen, Worte. Sie singen, was sie sehen. Sie singen und singen, das gehört zum Brauch. Das mutet seltsam an, wenn man es es noch nie gemacht hat und zum ersten Mal beim Rotklangfest ist, aber meist entsteht ein sehr besonderer Sommerklangteppich, der alle erfüllt und die Leute auf eine weite, reiche Reise schickt. Man wandert durch viele Sommer, durch die Zeiten, in eigene Sommer, in welche der Ahnen, in steinzeitalte vielleicht und in weit in der Zukunft liegende Sommer. Die Menschen geben der Schönheit und Kraft, der Weisheit des Sommers Worte. Es ist ein Herbeisingen der Vielfalt an Sommerweisheit, ein Lobpreisen des Sommers. Sie singen die Medizin des Sommers in ihre Mitte. Wenn man genau hinhört, klingen Wortfetzen her von den wilden Sommermädchen, von Abenteuern, von Farben und Düften, von Erinnergeschichten und Lachen, vom Toben und Zeit vergessen. Igelgeschichten sind dabei und blaue Himmelsgeschichten, Rotklänge, Juchzer und verwegene Sommerweisheitsworte, die nie auszugehen scheinen.
In der Mitte stehen Säfte, Beerenmus und Bowlen, rote Fläschchen, Töpfe mit Kompott und Sommerregenwasser. Alles singt sich hinein in die Gefäße und kann später mit nach Hause genommen werden oder gleich beim Fest verspeist und gekostet werden. Das Geheimnis des Sommers legt sich so tief hinein in die Menschen, das Geheimnis, dass der Sommer immer bei uns ist, dass das wilde, freie Kind des Sommers immer in uns ist. Dass es erinnert werden kann, wir uns anbinden können. Dafür wird die Kraft des Sommers jedes Jahr herbeigesungen. An den Feuern bei den Säften und Musen und Bowlen wird geschmatzt, genossen, gelacht, erzählt, gefeiert. Die Königinnen des hohen Nordens haben ihre weißen Winterkronen abgelegt und sind gekleidet in den Gewändern ihres Sommermädchens. Uhren werden während Pipola nicht getragen und alle gehen barfuß ins Rotklangfest, ganz im Geist des Sommers.
Der Film ist zusammen mit Anke Rammé Firlefanz (www.anke-firlefanz.de) und Nashi Rammé entstanden. An einem Sommertag, im Wald bei den Blaubeeren, beim Einkochen und miteinander Singen.