Beruf – Berufung – Gaben – Aufgaben. Nachgedanken zu den drei Seminarblöcken. Wie können die Heilwege, die schamanische Kraft in den Berufsalltag fliessen? Was gibt es für Möglichkeiten an Integration? Wenn der Wunsch da ist, heilerisch oder künstlerisch zu wirken, sind die Bilder dazu oft recht eingeengt. Eigene Praxis, freie Kunstwege, von denen man leben kann, Öffentlichkeit etc. Mit Orna habe ich lange darüber gesprochen und festgestellt, dass wir beide schlechte Beispiele sind, denn unsere Wege sind so und sie sind die Ausnahme. Die meisten indigenen SchamanInnen und HeilerInnen, die wir kennen, haben ihre Berufe – Schneiderin, LKW-Fahrer, Lehrerin, JägerInnen, Hirten … Abends schamanen sie dann. Das Heilen ist Teilzeitbeschäftigung, auch wenn die Anbindung an die nichtalltägliche Wirklichkeit immer da ist. Sie leben ihren Alltag in ganz „normalen“ Berufen, welche sie ernähren, denn das Heilen wird mit Spenden abgegolten. Manchmal wird es sogar als Zeichen von Kraft angesehen, wenn die SchamanInnen in beiden Wirklichkeiten gut zu Hause sind und ein „normaler“ Beruf zeugt von der Verwurzelung in der alltäglichen Wirklichkeit.
Ich überprüfe meine Bilder, weite sie. Zum Beispiel um das Bild der unsichtbaren Heilerin. Die, die ihrer Wege geht, ohne, dass jemand sie als Heilerin wahrnimmt. Sie geht durch ein Dorf und auf einmal merken die Leute, dass sich etwas verändert hat, dass es leichter ist, dass mehr Freude da ist und ein feiner Duft in der Luft liegt. Niemand bringt es mit ihr in Verbindung, denn sie ist schon längst weitergezogen. Und sie selbst wird die Früchte ihres Seins nicht unmittelbar erfahren. Und doch ist sie die Heilerin, die allein durch ihr Dasein ein Feld geweitet hat.
Andere arbeiten nachts und singen verlorene Seelen heim. Niemand sieht sie oder weiß davon. Sie tun es einfach. Es gibt keinen Applaus für die unsichtbaren SchamanInnen. In einer Gesellschaft von Bühne, Casting Shows, Publikum, Medienbezogenheit und dem tiefen Mangel an wirklichem Gesehenwerden und Wertschätzung tut eine Weitung von Bildern gut. Bilder von uns als HeilerInnen, als schamanisch Praktizierende.
Vielleicht ist es gar nicht nötig, alles umzukrempeln, den Beruf zu wechseln, sich selbständig zu machen und die Öffentlichkeit zu suchen. Die Art und Weise, wie wir etwas tun, wird den Zauber, die Heilkraft, die schamanische Kraft da sein lassen. Wenn ich töpfere, Kräuter sammle, Schulaufsätze korrigiere oder etwas verpacke, könnte ich es in einem rituellen Rahmen tun, fast unmerklich vielleicht. Gebete und Segen kann ich einweben. Ich kann es mit lebensfördernden Bildern bereichern oder es besingen.
Vielleicht ist das meine schamanische Aufgabe.
Ist es überhaupt das Wie? Die Art und Weise, die uns zu HeilerInnen macht? Oh mei, es gibt noch so viele Fragen und ich habe noch so viel zu lernen und zu verstehen.