Wintergeist

Meine Winterartikel sind ganz anders als die Sommergeschichten, fällt mir auf. Als wollte jetzt viel mehr in der Tiefe ergründet werden. Das bringt es wohl mit sich, wenn ich mich in den Jahreszeiten beheimate.
Ich schicke fehlerhafte Daten nach Riga, dann schreibe ich dauernd Estland statt Lettland, auch im Impressum. Vielleicht will ich eigentlich nach Tallinn, da hat es mich schon öfter hingezogen. Dann vergrößert sich gerade das kleine Loch des ?Und-was-mache-ich jetzt?. Ich lausche den Geschichten um mich herum, die von einer Soll- bis Mussproduktivität erzählen oder vom Pflicht-Flow, vom Machbarkeitswahn und den Ansprüchen. Wintergeist wird gerade da sperrig, stellt sich entgegen, geht in den Widerstand. Der Wintergeist holt die lange Weile aus der Tasche, das Horchen und Abwarten, das Aussitzen und den scheinbaren Stillstand.

Ich praktiziere jetzt jeden Tag Katalinas Wintertrancetechnik. Zum Fenster rausschauen, am liebsten dann, wenn sich Tag und Nacht umarmen, in der Zwielichtzeit, wenn die Farben verschwinden. Wir sitzen nebeneinander am Fenster, hören unseren Atem und schauen einfach. Eine eigenartige Leere macht sich breit und der Geist beginnt wegzufliegen, sanft, weit, winterstill.