Wenn es um Geschichten geht, dann taucht der Clan der Geschichtenerzählenden auf und mein Weg als Geschichtenerzählerin. Es ist einer meiner wichtigsten Clans. Deshalb kann ich das Wachsen der Geschichtenerzählerin und ihrer Medizin so genau erinnern. Als kleines Kind, mit der ganz jungen Geschichtenmedizin, habe ich sie vor allem den Tieren, meiner Mutter und den Puppen zukommen lassen. Dann haben mir meine Eltern ein Kasperltheater gekauft samt den Figuren. Wir haben diese je nach den Geschichten ändern müssen, immer wieder neu. Das Nichtvorhandensein eines ausgereiften Fernsehprogramms hat mich unzählige Geschichten spielen lassen für meine Freundinnen und Freunde. Wenn uns fad war, dann haben wir das Theater rausgezogen und ich habe gespielt. Von Krimis über Geistergeschichten, Alltagsmancherlei und Wortzauberzeug. Es konnte Stunden dauern, bis die Geschichte endlich gerundet war.
Weil es ein langer Weg ist, habe ich ihn auf eine mehrere Meter lange Papierrolle gezeichnet, in ein Rollbuch gepackt und gefilmt. Meine Geschichtenwege, ein Kurzfilm.
Für einige Jahre habe ich die Geschichtenerzählerin verloren. Dann habe ich sie in den Wäldern wiedergefunden. Sie hat auf mich gewartet und war auch nicht sauer. Sie hat mir die Wahl gelassen, ob ich mit ihr gehen will oder nicht. Als ich „Ja“ gesagt habe, hat sie mich tiefer hineingeführt in das Land der Geschichten. Dort gab es das Feld des Heilens. Da habe ich gewusst, dass ich keine Heilerin bin, was sehr heilsam war. Dennoch hatte es irgendetwas mit meiner Medizin zu tun. Es war die Heilkunst des Geschichtenerzählens. Das war mir neu.Der Raum des Geschichtenerzählens hat sich geweitet und wollte auch an entlegeneren Stellen bewohnt werden.
Auf der letzten Grenzlandreise ist die Närrin aufgetaucht. Sie hat sich am längsten Zeit gelassen, entdeckt zu werden. Das war gut, weil ich mich auf sie in jungen Jahren nicht hätte einlassen können. Sie hätte mich verwirrt und alles durcheinander gebracht.
Wir alle haben solche Wege, solche Medizinentwicklungen. Es nährt unsere Gaben und Medizinen, wenn sie erzählt und bezeugt werden. Die Geschichten unserer Gaben freuen sich, wenn sie gehoben werden, wenn wir sie zu uns nehmen und uns darin ehren. Vielleicht entdeckt die Künstlerin nach vielen Jahren, dass sie eine träumende Künstlerin ist. Eine Wandernde, deren Medizin das Organisieren ist, könnte auf einmal von der Herzenskriegerin geleitet werden. Im Laufe des Reifens werden unsere Medizinen komplexer, wärmer. Unser Stern wird an jedem älter werdenden Feuer neu erstrahlen und anders funkeln. Wie gerne würde ich jetzt am Feuer sitzen und den vielen verschiedenen Medizingaben-Geschichten lauschen.